Scheiben Nr. 13

Nr. 13, das Wicho-Nepplhäusel

Haus-Scheiben Nr. 13
Haus-Scheiben Nr. 13

Dieses Anwesen war das Obdach einer Arbeiterfamilie und ist in der Grundbuchs-Mappe vom Jahre 1826 bereits eingezeichnet. Aber bereits 1680 besaß ein Josef Weinberger dieses Häusel. Er kaufte aber 1683 das Anwesen Langstrobnitz Nr. 2 und wurde Stammvater der dortigen Weinberger. Sein Sohn Jakob beteiligte sich jedoch an der Erhebung gegen die Gratzner Grafen und verlor dadurch den Besitz.

Als nächster bekannter Besitzer wird Simon Wicho und dessen Frau Rosa, eine geborene Herzog aus Kropfschlag Nr. 17 genannt. Simon Wicho war von Beruf Maurer und dürfte um 1810-1820 geboren sein. Aus dieser Ehe stammen zwei bekannte Nachkommen: Wenzel Wicho, geb. 27.11.1854 und Theresia Wicho. Wenzel Wicho heiratet am 10.5.1887 Katharina Wiblinger, verw. Fröstl.

Katharina Wiblinger, geb. 18.10.1852, eine eheliche Tochter des Kaspar Wiblinger, Schmid in Langstrobnitz und der Maria, eine geborene Glaser aus Schlagles.
Diese brachte eine Tochter mit in die zweite Ehe; Maria Fröstl, geb. 8.8.1882, sie heiratet Mathias Fuchs, geb. 10.2.1881, er war Schmied in Scheiben Nr. 23. Dieser Ehe entstammen folgende bekannte Kinder: Theresia Wicho, geb. 12.9.1888, diese heiratet Anton Neppl und bleibt am Elternhaus, Rosa Wicho, geb. 8.8.1890 heiratet Wenzel Fuchs, geb. 29.8.1885 aus Scheiben Nr. 16 und Katharina Wicho, geb. 13.11.1892, diese heiratet Ferdinand Fröstl, geb. 8.5.1891 aus Scheiben Nr. 36. Das Ehepaar Wenzel und Katharina Wicho übernehmen von den Eltern Simon und Rosa Wicho das Anwesen. Ihren und der Kinder Lebensunterhalt bestreiten sie von den kargen Einnahmen welche Wenzel Wicho als Schneider verdiente. Eine Kuh und meistens einige Ziegen trugen zu den täglichen Mahlzeiten mit Milch und etwas Butter bei. Zu jener Zeit war es ein wahres Fest wen einmal im Jahr ein Schwein geschlachtet werden konnte. Da auch bei diesem Häusel nur wenig Eigengrund war, mußte die Frau tüchtig bei den Bauern arbeiten, damit sie für das ganze Jahr das Futter für ihre Haustiere bekam.

Wie schon erwähnt, bekam die Tochter Theresia Wicho von den Eltern das elterliche Anwesen zugesprochen und sie heiratet Anton Neppl, geb. 1.1.1881 in Mühlberg Nr. 17. Dieser war der eheliche Sohn des Johann Neppl, geb. 31.7.1838 in Heilbrunn und der Maria, eine geborene Löffler, geb.9.9.1841 in Konradschlag Nr. 13.

Bevor aber Anton Neppl als Witwer Theresia Wicho heiratet war er mit Theresia Herzog, geb. 20.8.1878 in Maierhof Nr. 5, eine eheliche Tochter des Johann Herzog, geb.29.9.1845 in Langstrobnitz und der Maria, geb. 8.12.1845 in Maierhof Nr. 5 verheiratet. Diese Ehe wurde im Jahre 1904 in Ottakring in Wien geschlossen. Folgenden Kindern schenkte diese Frau das Leben: Johann Neppl, geb. 14.11.1905, Theresia Neppl, geb. 1.1.1904, geb. in Langstrobnitz diese heiratet Leopold Tischler, geb. 18.9.1903 aus Waldetschlag am 12.9.1931, Franz Neppl, geb. 15.2.1907 in Mühlberg, er war nachher von Beruf Tischler und wohnte nach dem Jahr 1945 in Wien. Anton Neppl, geb. 20.12.1909 in Mühlberg dieser ist seit 1942 vermißt, er war ledig. Karl Neppl als Jüngster starb aber bereits im 5. Lebensjahr.

Bereits im Jahre 1916 stirbt aber dies Mutter von 5 Kindern und Anton Neppl muß sich nun nach diesem schweren Schlag für seine Kinder um eine 2. Mutter umsehen. Zu dieser Zeit wohnen diese in Scheiben 26. Am 6.7.1920 heiratet er dann Theresia Wicho und zieht so mit seinen noch 4 lebenden Kindern 1922 nach Schreiben Nr. 13. Auch bei dieser Familie macht sich die neue Grenzziehung vom Oktober 1918 ungünstig bemerkbar. Anton Neppl, von Beruf Maurer, fuhr vor dem 1. Weltkrieg in den Sommermonaten nach Wien um Verdienst zu bekommem. Nun war dies aber nicht mehr möglich und auch er mußte sich anderwärtig um Arbeit umsehen. Der tschechischen Sprache ebenfalls nicht mächtig um in den nähergelegenen tschechischen Industriegebieten Arbeit zu bekommen, fuhr auch er wie viele andere in das Nordböhmische jedoch deutschsprachige Industriegebiet um Reichenberg und Gablenz.

Die zweite Frau Theresia Neppl schenkte wieder 5 Kindern das Leben. Vielleicht mag da der Gedanke auftauchen, wie wohl so eine Kinderschar ernährt wurde, es gab doch keine Kinderbeihilfe und der Verdienst war ja auch karg bemessen. Ein Stück trockenes Brot stand in jener Zeit hoch in Ehren, denn es soll öfters vorgekommen sein, daß davon zu wenig in der Tischlade war. Ein Topf Kartoffel mußte über diese Klippen helfen um die hungrigen Mäuler stopfen zu können.

Waren dann die Ältesten einer solchen Kinderschar erst einmal 12-13 Jahr alt, so mußten sie schon in den Sommermonaten als Hüterbub bei den Bauern für ihr Essen selber sorgen.

Die aus dieser 2. Ehe stammenden Kinder waren:

- Marie Neppl, geb. 26.9.1920. Sie heiratet am 11.2.1955 Martin Ebetshuber, geb. 10.11.1928, von Beruf Schulwart, 4 Kindern schenkte sie das Leben:
- Martin Ebetshuber, geb. 20.5.1955
- Christa Ebetshuber, geb. 21.10.1958
- Gerhard Ebetshuber, geb. 1.10.1959
- Sabine Ebetshuber, geb. 15.5.1965
Diese Familie wohnt in 4020 Puchenau-Linz.

- Rosina Neppl, geb. 23.2.1922. Sie heiratet am 18.7.1957 Hubert Mahringer, geb. 26.3.1929 aus Feldkirchen, Schlosser der ESG Linz. Anschrift 1974: 4032 Linz-Kleinmünchen, Pestalozzistrasse 89. Sie schenkte einem Sohn das Leben; Hubert Mahringer, geb. 28.8.1957 in Linz.

- Katharina Neppl, geb. 30.1.1925, diese blieb ledig und fand nach dem Tod der Eltern bei ihrem Bruder Wenzel unterkunft.

- Anastasia Neppl, geb. 8.9.1928, sie heiratet am 15.4.1950 Gottfried Kraft, geb. 30.7.1929 aus Mauthausen. 2 Söhne vervollständigen diese Ehe: Gottfried Kraft, geb. 15.1.1951 und Gerhard Kraft, geb. 8.6.1952. Anschrift 1979: Mauthausen, Heinrichsbrunn 29, Oberösterreich.

- Wenzel Neppl, geb. 28.8.1930, er heiratet am 29.5.1971 Amalia Süka, geb. 3.6.1934 in Zettwing, Bezirk Kaplitz. Ein Kind stammt vorläufig? aus dieser Ehe: Petra Neppl, geb. 18.5.1972 in Linz.
Ein schmuckes Haus, erbaut im Jahre 1953 nennt diese Familie ihr Eigen. Anschrift: Kreuzwegsiedlung 1, Unterpuchenau-Urfahr.

Um einiges über diese Familie festhalten zu können, müßte ich eigentlich mit den politischen Ereignissen vor dem Jahre 1938 beginnen.

Die wirtschaftliche Lage vieler Länder Europas nach dem Jahr 1930 darunter in der Tschechoslowakischen Republik, war durch Arbeitslokigkeit und den damit verbundenen Absatzschwierigkeiten gekennzeichnet. Die Sudetendeutschen Volksgruppen hatten zwar ihre eigenen deutschen Parteien und diese waren auch wieder je nach Stimmenanteil im Parlament in Prag vertreten. Die Majorität war ja doch bei den Tschechen. Nun zeigte es sich, dass die deutschsprachigen Gebiete diesen wirtschaftlichen Rückgang besonders zu spüren bekamen.

Durch Hunger wollte man die Deutschen zur Aufgabe ihrer deutschen Volkszugehörigkeit bewegen. Deutschsprachige Beamte wurden abgebaut, die deutschen Arbeitnehmer waren übewiegend arbeitslos und die Bauern verschuldeten zusehends. Es gab wohl wenige deutsche Ortschaften in denen in jener Zeit nicht ein oder mehrere Bauernhöfe aber auch kleinere Anwesen aus wirtschaftlicher Notlage heraus versteigert wurden. Und gerade in dieser Zeit begannen die Tschechen mit dem Bau tschechischer Schulen in fast allen deutschsprachigen Pfarrorten. Die Deutschen wurden nicht gezwungen diese Schulen zu besuchen, man ließ ihnen ihre deutschen Schulen aber man ging einen anderen Weg. Jedes Kind und auch deren Eltern das eine solche tschechische Schule besuchte wurde reich beschenkt, kostenlose Schulbücher, ein kostenloses Mittagessen und eingekleidet vom Kopf bis zu den Füßen, waren die Hauptköder dieser Tschechisierungspolitik. Und zu Weihnachten gab es dann auch für die Eltern eine extra Belohnung. Wenn auch einige deutsche Eltern ihre Kinder in die tschechische Schule gaben, so war es selten aus der Notlage heraus, vielmehr waren es charakterschwache Subjekte, denen das persönliche Wohlergehen am nächsten stand.

5-6 Kinder in einer Familie war in dieser Zeit keine Seltenheit aber diese Eltern hungerten sich förmlich durch, bevor sie ihr Deutschtum ablegten. Aus dieser Not heraus aber wahrscheinlich auch mit Unterstützung der Nationalsozialistischen Partei Adolf Hitlers in Deutschland wurde um das Jahr 1936 von Konrad Heinlein in Eger die Sudetendeutsche Partei gegründet. Diese Partei rüttelte energisch am Nationalbewußtsein eines jeden Sudetendeutschen und die Flüsterpropaganda, Radio gab es zu jener Zeit nur wenig, über den Aufbau in Deutschland tat ihr übriges. Leider kam nun der Nationalhass zwischen Deutschen und Tschechen offen zum Ausbruch.

Ich war zu jener Zeit in Budweis in der deutschen Ackerbauschule. Jeder deutsche Bursch oder Mädel trug damals unter anderem weiße Kniestrümpfe und bald waren diese das Angriffsziel der tschechischen Jugendlichen, sie wurden mittels Füllfedern mit Tinte bespritzt. Henlein - ovci, zu deutsch Henlein-Affen riefen sie bei solchen Aktionen hinter drei. Solche Anrempelungen verliefen aber meist ruhig, die Deutschen waren ja doch in der Minderheit. Anders sah es aber aus, wenn ein gewisses Gleichgewicht vorhanden schien. Schlägereien waren dann auf der Tagesordnung.

In jedem deutschsprachigen Ort, so auch in Scheiben, fanden sich Anhänger der Sudetendeutschen Partei. Waren es anfänglich Arbeitslose, Kleinhäusler, also Minderbemittelte, so bekam diese Partei immer mehr Zustrom und bald waren sämtliche Bevölkerungsschichten als Mitgleider vertreten.

Um Anton Neppl scharte sich damals ebenfalls ein wenn auch anfänglich kleiner Kreis solcher Fanatiker, welche nach dem Anschluß Österreichs an Deutschland am 13. März 1938 von dort offen unterstützt wurden. So kam dann der Herbst 1938, das Sudetengebiet wurde ebenfalls angeschlossen, natürlich auf Wunsch der Bevölkerung.

Genau so wie in der großen Politik wurden auch die Gemeindestuben von nicht Nationalsozialistischen Parteimitgliedern gesäubert. Auch der damalige Gemeindevorsteher von Scheiben, es war dies Johann Sommer von Nr. 1, wurde abgelöst. Es wurde damals wie es so schön hieß, überall ausgemistet. War das Leben in Scheiben in den Jahren von einer einmaligen gegenseitigen Hilfsbereitschaft gekennzeichnet, die so manchen Besitzer, war er Bauer oder Kleinhäusler sein Anwesen erhielt, waren über Nacht diese Jahre der Not vergessen. Mißtrauen von Nachbar zu Nachbar und Angst vor Denunzierung bei Parteidienststellen trat an ihre Stelle. Der Wahrheit zur Ehre möchte ich aber feststellen, daß mir kein einziger Fall in Scheiben bekannt ist, in dem
Anton Neppl der in den Jahren von 1938 - 1945 Parteivorstand, man nannte es Zellenleiter der NSDAP von Scheiben. war, irgend einen Ortsangehörigen denunziert oder geschadet hat.
Nachdem auch in Scheiben die wehrfähigen Jahrgänge im Laufe des Krieges einrücken mussten, wurde Anton Neppl in den letzten Kriegsjahren auch noch Bürgermeister. Wohl eine der unangenehmsten Aufgaben eines Parteioberen und Bürgermeister war die Überbringung der Vermißten- bzw. Gefallenenanzeige an die Eltern oder Angehörigen eingerückter Männer und Burschen. Die wenigsten Mütter oder Frauen werden den Tod ihres Sohnes oder Mannes als eine Ehre für das Großdeutsche Reich empfunden haben. Ich möchte nicht die Schmähungen wissen, die bei solch einem Hausbesuch Anton Neppl und seinen Parteifunktionären von den zutiefst verzweifelten Müttern an den Kopf geworfen wurden. Es wäre ihm ein leichtes gewesen, eine oder die andere dieser Frauen oder auch Väter für einige Zeit hinter Schloß und Riegel zu bringen. Anton Neppl tat es aber nie.

Im Frühsommer des Jahres 1945, kurz nach Einmarsch der Russen und der Rückkehr des tschechischen Zollpersonals verließ Anton Neppl bei Nacht mit seiner Familie die Heimat. Wahrscheinlich wurde er von irgend einer Seite auf seine bevorstehende Verhaftung aufmerksam gemacht, den nach Aussagen der Tschechen sollte Anton Neppl am nächsten Tag verhaftet werden. Er wandte sich nach seiner Flucht nach Oberösterreich und in der Gegend von Linz-Urfahr fand diese Familie eine vorläufige Bleibe.
Anton Neppl starb am 1. Juli 1960 in Puchenau, Kreuzwegsiedlung 13, bei Linz-Urfahr. Seine Frau Theresia Wicho folgte ihm am 11. Juni 1962. Beide sind in Puchenau beerdigt.

Haus Nr. 13 in Scheiben-Mitte der 70er Jahre

Scheiben Nr. 13 in den 70er Jahren

Scheiben Nr. 13
Scheiben Nr. 13

Als es in den 70er Jahren erstmals möglich war die alte Heimat zu besuchen, war das Elternhaus der Familie Neppl in Scheiben Nr. 13 bereits arg verfallen. Beim zweiten Besuch Jahre später war die Zufahrt nur mehr bis zum Johannisberg möglich - der Rest war als militärisches Sperrgebiet deklariert.

Das einst blühende Dorf war bis auf wenige Häuser, die von Tschechen bewohnt sind, zusammengeschrumpft.

So konnten noch folgende Wohnobjekte erkannt werden:

Gasthaus Reiter, Sommer (Groß-Hofbauer), Glaser (Klein-Hofbauer), Flodl, Stangl (Gregein), Augustin (gut erhalten!), Hoffellner, Volksschule, Simandl, die Berghäuser, Haas (Haberl) Sommer (Fuchs) - der Rest war abgerissen worden.

Auch das Forsthaus haben wir vergeblich gesucht!

Scheiben Nr. 13

Hier dürfte das Haus meiner Grosseltern in Scheiben Nr. 13 gestanden sein. Die oberen Fotos stammen aus 1991
Scheiben-Postkartenansicht
Scheiben-Postkartenansicht

Aus dem Hochzeitsbuch:

Volkszählung 1921 - online abgefragt-CS Matriken

Volkszählung 1921
Volkszählung 1921

Volkszählung 1921

Skizze-Scheiben

Scan-Scheiben

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